Presse zu „Konstantinopel von unten“

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Spielball der Orkane. Schiffsunglücke vor Gericht. Preußische Allgemeine Zeitung, Nr. 22, 30. Mai.2015, S. 22

„In Seeamtsverhandlungen werden die Ursachen von Seeunfällen geklärt. Dabei müssen sich die Schiffsoffiziere – soweit sie die Unglücke überlebt haben – für ihre Handlungsweisen rechtfertigen. Beurteilt das Seeamt das Verhalten eines Kapitäns oder Steuermannes als schuldhaft, wird ihm wegen der fehlenden fachlichen oder persönlichen Eignung ein Seeschiff zu führen, das Patent entzogen. Jürgen Rath, selbst Seemann mit Kapitänspatent und promovierter Historiker, hat die gefürchteten Seeamtsverhandlungen zwischen 1880 und 1910 ausgewertet und stellt zehn dramatische Fälle in dieser Anthologie vor.
    Im ‚Wettlauf mit dem Tod‘ beschreibt er den tragischen Einsatz der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im Jahre 1909. In einer eiskalten Dezembernacht gelingt es den Rettungsmännern, Besatzung und Passagiere zweier in Seenot geratener Schiffe lebend zu bergen. Ihr offenes Ruderboot wird aber selbst im Orkan abgetrieben. Die Geretteten erfrieren.
   Die namengebende Geschichte für den Buchtitel behandelt den Untergang des Dampfers ‚Reinbeck‘ vor Konstantinopel. Die Besatzung hofft auf Landgang, um sich die goldenen Kuppeln des Sultanspalasts aus der Nähe anzusehen. Soweit kommt es aber nicht. Als die Maschine ausfällt, wird die ‚Reinbeck‘ manövrierunfähig. Sie kollidiert mit einem auf Reede liegenden Bergungsschiff. Dessen Rumpf ist für Fahrten ins Eis besonders verstärkt. Er reißt ein tiefes Loch in die ‚Reinbeck‘. Sie beginnt zu sinken. Kapitän und Steuermann aber sind von der Situation überfordert. Die Rettungsmaßnahmen laufen völlig unkontrolliert ab, so dass insgesamt 14 Besatzungsmitglieder und zwei Retter von anderen Schiffen ums Leben kommen. Zwar bleibt der Kapitän bewusst an Bord, um ‚heroisch‘ mit seinem Schiff unterzugehen. Ein Rettungsboot fischt ihn aber schließlich lebend aus dem Wasser, so dass auch er sich vor dem Seeamt verantworten muss.
   Weitere Seeunfälle passieren, weil alte oder qualitativ schlechte Schiffe den widrigen Wetterverhältnissen nicht standhalten. Sie werden zum Spielball der Orkane. Auch gnadenlose Vorgesetzte und Streitigkeiten zwischen den Seeleuten verursachen Todesfälle. Kurios ist der Schiffbruch des Fischkutters ‚Charlotte & Edward‘, der von einem Dampfer gerammt wird. Er kann nur aufgeklärt werden, weil die Besatzung vor dem Untergang eine Flaschenpost ins Meer wirft. Als sie aufgefunden wird, liefert sie wichtige Hinweise auf die Ursache des Unglücks.
   Spannend und historisch fundiert ist dies alles geschildert. Jürgen Rath gibt einen tiefen Einblick in das Seemannsleben zwischen 1880 und 1910. Dabei geht es nicht um Seefahrerromantik, sondern um das harte und gefährliche Leben an Bord. Für Landratten gibt es ein ausführliches Glossar zur Erklärung der seemännischen Begriffe. Das Buch ist grafisch zudem sehr ansprechend gestaltet. Zu jeder Geschichte gibt es eine informative Abbildung mit einem Kartenausschnitt und einer Illustration.“
(Britta Heitmann)

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